Therapeutische Wege : Gespräche mit François Clauss und Anna Wolff

François Clauss

François Clauss, Maître de conférence – Praticien hospitalier
Hôpitaux Universitaires de Strasbourg, Université de Strasbourg

* Was sind die Behandlungsschritte von Patienten mit seltenen Krankheiten im Mund- und Zahnbereich?

Die Patienten sind von freiberuflichen Praktikern, Kieferorthopäden, Kinderärzten und aus den Fachbereichen Genetik-Kinderheilkunde-Kinderneurologie weitergeleitet.

* Was kann man Ärzten und Patienten empfehlen, um den Behandlungsprozess zu verbessern?

Man kann empfehlen, dass die Information für die breite Öffentlichkeit und der im Gesundheitswesen tätigen Personen zum Thema seltene Pathologien mit Manifestationen im Mund und den Zähne durch z.B. Präventionskampagne verbreitert werden.

* Was bewirkt ein grenzüberschreitendes Programm wie „Seltene Krankheiten im Mund- und Zahnbereich“ in diesem Bereich?

Das Projekt erbringt bessere Kenntnisse der klinischen und molekularen Aspekte, ermöglicht eine Erhöhung der Größe der Kohorte und die gemeinsame Verwendung der Ergebnisse der klinischen Forschung und Grundlageforschung.

 

Anna Wolff

Anna Wolff, Universitätsklinikum Heidelberg

* Was sind die Behandlungsschritte von Patienten mit seltenen Krankheiten im Mund- und Zahnbereich?

Häufig äußert der Hauszahnarzt den Verdacht auf eine seltene Erkrankung im Mund-, Zahn-, Kieferbereich und verweist den Patienten dann an spezialisierte Anlaufstellen, wie z. B. die Universitätskliniken in Deutschland.
Es kann aber auch sein, dass ein Patient wegen eines allgemeinmedizinischen Symptoms z.B. in einer Kinderklinik, beim Kinderarzt oder Hausarzt untersucht wird. Dann erfolgt häufig eine Überweisung an einen Humangenetiker oder eine humangenetische Abteilung einer Klinik. Dort wird man den Patienten auch auf seinen Zahnstatus hin befragen und ggf. zahnärztlich mitbeurteilen lassen.
Wird dann ein spezialisierter Zahnarzt in den Diagnoseprozess eingebunden, kann abgeklärt werden, ob es sich bei dem Befund an den Zähnen um eine seltene Erkrankung im Mund-, Zahn-, Kieferbereich handelt.
Dazu wird der Patient zu seinen Beschwerden sowie ähnlichen Krankheitsbildern in der Familie befragt, es wird der Zahnstatus erhoben und es werden Fotos bzw. ggf. Röntgenbilder angefertigt. Wenn notwendig werden genetische Untersuchungen eingeleitet.
Steht die Diagnose fest, erfolgt meist eine interdisziplinäre Therapie, die die verschiedenen zahnmedizinischen Fachbereiche Prothetik, Zahnerhaltungskunde, Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und Kieferorthopädie mit einschließen kann.

* Was kann man Ärzten und Patienten empfehlen, um den Behandlungsprozess zu verbessern?

Für Patienten, die von einer seltenen Erkrankung im Mund-, Zahn-, Kieferbereich betroffen sind, empfiehlt sich eine Betreuung in einem interdisziplinären Zentrum. Der Patient profitiert dort von der engen Abstimmung der verschiedenen Fachbereiche, die sich um seinen Fall kümmern.
Für die behandelnden Ärzte ist es von Vorteil, wenn der Patient zusätzlich einen Hauszahnarzt konsultiert, mit dem eine wohnortnahe Versorgung abgesprochen werden kann.

* Was bewirkt ein grenzüberschreitendes Programm wie „Seltene Krankheiten im Mund- und Zahnbereich“ in diesem Bereich?

Ein grenzüberschreitendes Projekt zu den Manifestationen der seltenen Erkrankungen im Mund-, Zahn-, Kieferbereich eröffnet große Chancen. Der Austausch über die Schwierigkeiten der Patienten mit einer seltenen Erkrankung im Mund-, Zahn-, Kieferbereich in zwei Gesundheitssystemen in Europa stellt für die Forscher auf der Suche nach Verbesserungen und neuen Erkenntnissen eine unschätzbare Bereicherung dar. Getreu dem Motto „von einander lernen“ addieren sich die Erfahrungen und Potentiale der Wissenschaftler für eine verbesserte Diagnostik und Therapie für Patienten mit seltenen Erkrankungen im Mund-, Zahn-, Kieferbereich. Bewährte Strukturen können grenzüberschreitend vereinheitlicht werden, und der Austausch von Innovationen wird bedeutend erleichtert.

 

Der therapeutische Weg der Patienten mit seltener Krankheiten

Wenn ein Familienmitglied von einer seltenen Erkrankung im Mund oder an den Zähnen betroffen ist, beginnt oft ein schwieriger Weg, auf dem der Patient lernt, sich mit der Situation auseinanderzusetzen und einen Maßnahmen für die richtige Pflege seiner oralen Region zu finden. Seltene Erkrankungen im orofazialen Bereich sind sehr verschieden. Daher gibt es keinen allgemeingültigen Weg zu der richtigen Therapie. Hier finden Sie jedoch nützliche Hinweise, um sich in der Diagnostik und Therapie seltener Krankheiten im Mund- und Zahnbereich besser zurechtzufinden. Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung der Vorgehensweise, als Ergänzung des illustrierten Blattes für Frankreich (auch gûltig weit über) und der Gespräche mit François Clauss aus Straßburg und Anna Wolff aus Heidelberg.

Regelmäßige Besuche beim Zahnarzt werden für alle Kinder ab dem 6. Lebensmonat empfohlen. Der Zahnarzt wird Sie bei Verdacht auf Anomalien der Zähne oder des Kiefers, wie z.B. Zahndurchbruchsstörungen, Form-, Zahl- oder Strukturanomalien beraten.. Es ist nicht immer einfach, die richtige Diagnose zu stellen, sodass lange Zeiträume bis zur endgültigen Diagnose vergehen können, die für den Patienten oft sehr belastend sind.

Spezialisierte Beratung und Hilfe bietet das Referenzzentrum für Manifestationen seltener Krankheiten im Mund- und Zahnbereich der Universitätszahnklinik in Straßburg. Das Zentrum arbeitet mit der Abteilung für Genetik von Professor Hélène Dollfus am Universitätsklinikum Straßburg zusammen.

Eine genetische Untersuchung zielt darauf ab zu überprüfen, ob die diagnostizierten Mund- und Zahnanomalien mit Anomalien anderer Organe oder Systeme zusammenhängen oder keine Verbindungen bestehen.

Ziel der zahnärztlichen Therapie ist, neben der funktionellen Rehabilitation der Zähne und des Kiefers, die Verbesserung der Lebensqualität und der psychosozialen Situation. Dazu bietet das Universitätsklinikum in Strasbourg ein breites Angebot von folgenden Lösungen: Prävention und Pflege, Erstellung von Prothesen ab 3.-4. Lebensjahr, Einsetzen von Implantaten, prothetische, ästhetische und funktionelle Rehabilition bei Erwachsenen.
Die Nachsorge der erfolgten Behandlung kann wohnortnah durch den Familienzahnarzt oder durch das Referenzzentrum in Strasbourg betreut werden.

Weitere Hinweise zu Behandlungsmöglichkeiten finden betroffene Personen und ihre Angehörigen in Zahnarztpraxen und bei Selbsthilfegruppen. Selbsthilfegruppen sind auch Ansprechpartner für Forscher und Pflegeteams.
Das Projekt A27 « Manifestationen seltener Krankheiten im Mund- und Zahnbereich » der INTERREG/ Wissenschaftsoffensive folgt einem breit angelegten Forschungsziel, das neue Gene, die für seltene Erkrankungen verantwortlich sind, identifiziert, um die klinische Diagnose durch eine genetische Diagnose zu ergänzen und damit zu versuchen, Erkrankungen besser zu kennen und zu verstehen.

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    Zusammenarbeit mit Studenten des Studiengangs Kommunikationswissenschaften im Rahmen eines tutorisierten Projekts

Zusammenarbeit mit Studenten des Studiengangs Kommunikationswissenschaften im Rahmen eines tutorisierten Projekts

Studenten des Masterstudiengangs wissenschaftliche Kommunikation der Universität Straßburg realisieren ihr tutorisiertes Projekt zum Thema seltene Krankheiten mit Manifestationen im Mund- und Zahnbereich. Im Rahmen ihres Projektes analysieren sie die Öffentlichkeitsarbeit über seltene Krankheiten in den Ländern Europas und arbeiten anschließend geeignete Botschaften und Kommunikationsmittel heraus, die das Verständnis dieser Erkrankungen und ihrer Symptome im Mund- und Zahnbereich sowie ihrer Folgen und Therapiemöglichkeiten verbessern, die wissenschaftliche Forschungsarbeit bekannt machen und zum Kontakt eines Referenzzentrums veranlassen.